Zum Abschluss des Filmfestivals hatte Moritz de Hadeln, der neue Leiter der Filmfespiele Venedig, auch seinen Skandal. Heftigste Kritik aus Kreisen des Vatikan und der katholischen Filmarbeit in Italien rief die Verleihung des
“Goldenen Löwen” an den Film “The Magdalene Sisters” von Peter Mullan hervor. Der schottische Regisseur, bekannt als Darsteller in der Hauptrolle von Ken Loachs “My name is Joe” (Bester Darsteller, Cannes 1998) schildert darin die auf Tatsachen beruhende Geschichte von vier jungen Frauen, die in den 60er Jahren in einem Magdalenenheim, einem von den Barmherzigen Schwestern geleiteten Erziehungsheim, wie Sklavinnen gehalten und misshandelt werden.
Dem Vorwurf der antikirchlichen Propaganda und der Verzerrung der Tatsachen, der u.a. von Radio Vatikan erhoben wurde, hielt der katholisch erzogene Regisseur entgegen, die katholische Kirche müsse sich ihrer Vergangenheit stellen und die Grausamkeiten der Nonnen in den Erziehungsheimen für gefährdete Mädchen – die man damals nach der biblischen Figur der Sünderin Maria Magdalena “Magdalenen” nannte – öffentlich eingestehen, denn er halte diese “eine der größten Ungerechtigkeiten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts”. Dass er dabei in einer Pressekonferenz die katholische Kirche mit den militanten Taliban gleichsetzte, heizte die Diskussion zusätzlich an. Vorwürfe von Radio Vatikan richteten sich auch gegen eine angebliche Verschwörung einiger Kritiker, die den Hype um diesen Film produziert hätten.
Die Kritikermeinung war aber insgesamt sehr gespalten: während die einen das effektvoll inszenierte Plädoyer gegen Unterdrückung und Misshandlung gut fanden, warfen andere dem Regisseur vor, in selbstgerechter Pose einen längst entschiedenen Kampf filmisch aufleben zu lassen. Andrea Piersanti, als Präsident des Ente dello Spettacolo der Hauptrepräsentant katholischer Filmarbeit in Italien merkte an, es sei “ein bizarres Zeichen, dass dass erste Filmfestival unter einer Mitte-Rechts-Regierung einen erklärtermaßen antiklerikalen Film prämiert habe.”
P. Peter Malone, Präsident der internationalen katholischen Medienorganisation SIGNIS, gab zu dem Film folgende Stellungnahme ab:
“The Magdalene Sisters” gut gemachter, aber harter Film über Vorkommnisse in der katholischen Kirche in Irland Mitte der 60er Jahre. Er mag Zuschauer, die nur angneheme Bilder der Kirche sehen wollen, durchaus traurig stimmen, er erzählt jedoch die Geschichte einer Einrichtung der Unterdrückung, wo die Nonnen genauso Opfer religiöser Macht sind wie die angeblich gefährdeten Mädchen, die sie überwachen. Diese Geschichte ist nicht weniger wahr als viele Geschichten der Vergangenheit, über die heute sogar in der katholischen Presse berichtet wird. Er kann als Teil einer ehrlichen Gewissenserforschung gesehen werden und als Bitte um Reue und Entschuldigung, etwas, das der gegenwärtige Papst in den letzten Jahren beispielhaft umgesetzt und und unterstützt hat.”
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